Saturday, December 12, 2009

Was ich vermissen werde ...

Freunde:

Unerwarteterweise habe ich hier doch einige Menschen kennengelernt, die mir sehr am Herzen liegen, mit denen ich viel Spaß hatte, und die ich wirklich vermissen werde. Aber ich bin mir sicher sie irgendwann wiederzusehen.


Die Sonne:

Jeden Tag Sonnenschein hat einen unglaublich positiven Effekt auf alle Menschen hier - das Leben ist leichter und jeder ist fröhlicher als in den meisten anderen Gegenden der USA und vor allem als im doch sehr verregneten Deutschland. Und Sonnenuntergänge über dem Meer sind einfach traumhaft ...


Das Meer:

Mein Traum ist es eines Tages am Meer, oder genauer Ozean (ich wurde mit strengen Blicken für den Ausdruck "sea" gestraft, wir sind hier schließlich am "ocean" ...), zu wohnen. Einen winzigen Eindruck wie das sein könnte, habe ich hier bekommen, und es ist traumhaft! Sogar im Winter baden zu können, unter Palmen im Sonnenschein zu liegen, und dem Wellenrauschen zu lauschen - wer möchte das nicht? Und in Newport Beach einer Venedig nachempfundenen Stadt direkt am Pazifik kosten die Häuser auch nur 2 - 32 Millionen Dollar - warum also nicht morgen schon zugreifen?

















University Hills:

Hier habe ich nun 4 Monate lang gelebt und das Wohngebiet wirklich zu schätzen gelernt. Nach bestimmt 30 mal joggen ist es mir echt ans Herz gewachsen, mit seinen breiten Straßen und zu Irrwegen vermlezenden Pfaden, die die Sackgassen verbinden, mit seinen Pools und riesigen Wiesen, den Parks und den staubigen Hügeln.





Trader Joe's:


Ein Supermarkt wie Trader Joe's fehlt in Deutschland, obwohl das Unternehmen zu Aldi Nord gehört. Jeden Tag kann man ein kleines Menü, zusammengestellt aus Trader Joe's Produkten, kostenlos probieren. Und die Produkte sind zum großen Teil einzigartig, nirgendwo anders in dieser Art und Weise zu finden. Dazu sind die Preise noch vergleichsweise niedrig. Am tollsten aber ist die Vermarktung: in den Läden geben Schilder Hinweise zur richtigen Anwendung und meistens sind diese ziemlich unterhaltsam geschrieben, genau wie auch der Prospekt - wenn auch oftmals das Produkt nicht halten kann, was die Ankündigung verspricht. Das Personal ist superfreundlich und hilfsbereit. Kurzum: es macht einfach Spaß hier einzukaufen.


Macy's Men:

Bisher habe ich in Deutschland noch kein Kaufhaus nur für Männer gesehen. Und dann auch noch mit 25 - 50% Discount auf die meisten Produkte.


Die Menschen:

Das Wetter färbt natürlich auch auf die Menschen ab: diese sind zwar egoistischer, aber dennoch wesentlich offener und freundlicher als ich es von Deutschland gewohnt bin.


Dennoch freue ich mich waaaaaaahnsinnig wieder nach Hause zu kommen ... irgendwann jedoch werde ich Kalifornien sicher nochmal einen Besuch abstatten, auch da ich noch lange nicht alles gesehen habe.

Friday, December 4, 2009

"Städte"und Städte

Wenn ich versuche zu beschreiben, wo ich in den USA lebe, dann fällt es mir schwer den Begriff Stadt zu verwenden. Tatsächlich ist es mehr ein Häusermeer mit endlosen Straßenabschnitten ohne eine Querstraße, weil es zu den gut abgeriegelten Wohngebieten so gut wie keine Zufahrtsstraßen gibt. Wenn ich irgendwo ausgesetzt werden würde, würde es mir schwer fallen wieder zurück zu finden, denn alles sieht irgendwie gleich aus in Irvine. Deswegen ist laufen auch wirklich nicht zu empfehlen. Dennoch bin schon mehrere Meilen durch Irvine gelaufen. Hat man erstmal einen Blick auf eine Karte geworfen, ist es leicht die Hauptstraßen nachzuverfolgen, da es eben nicht viele gibt. Nur, da alle Funktionen voneinander getrennt sind, also jeder "Block" eine andere Nutzung hat, sind die Distanzen riesig, zumindest zu Fuß. Und ein Bus kommt nur alle 60 Minuten. Im Auto sind die Distanzen dagegen kein Problem. Angesichts dieser Distanzen macht die Maßeinheit "Meilen" plötzlich Sinn. Denn US-Amerikaner nehmen Distanzen anders wahr als Europäer. Eine Fünf-Stunden-Fahrt erscheint völlig normal und selbstverständlich. Wie auch immer, ich bin kein Autofahrer, und ich könnte mich jedes Mal kräftig in den Hintern beißen, wenn ich die Buszeiten falsch in Erinnerung oder falsch nachgeschaut hatte, und der Bus gerade an mir vorbei fuhr, nur ein paar Meter entfernt - und ich daraufhin um mich nicht im Dunkeln zu langweilen und zu frieren meilenweit gelaufen bin.



Doch VORstädte haben auch VORteile ... zum Beispiel, dass sie wunderbar grün sind und toll gestaltet und es sehr ruhig und sicher ist - zumindest hier in Irvine. Das kann aber in der Nacht auch beängstigend sein, wenn keine Menschenseele auf der Straße ist. Wobei es hier, in der Nähe der Universität noch sehr angenehm ist, da doch viele Studenten laufen. So waren zum Beispiel zu Halloween die Straßen gut belebt ... zumindest bis um punkt 12 Uhr die Polizei alles dicht machte. Da kann die schönste Party schnell zu Ende sein.

Irvine ist schon wesentlich zukunftsorientierter gestaltet als viele andere Vorstädte. Die Wege und Straßen sind nicht überwiegend rechtwinkling angeordnet, sondern kurvig. Das soll ein wenig Spannung und Abwechslung in die Einöde bringen. Leider ist das für Fußgänger nur noch mehr von Nachteil, da die Wege nicht sehr fußgängerlogisch sind. Zu meinem Supermarkt hier muss ich eine Meile laufen, da es keine Abkürzung gibt. Und wenn man auf dem Campus abkürzen will, dann muss man über weite Rasenflächen laufen und die Wege weit links liegen lassen - Für mich fühlt sich das an, als ob die Stadtplaner einen Stift genommen und lustig ein paar Kurven auf ein Blatt gezeichnet hätten, völlig zufällig und nach Belieben... Ist ja auch egal - die Menschen sind sowieso motorisiert.

Dennoch: unglaublich, aber wahr, es gibt einen Bordstein und es gibt Ampeln, die es mir ermöglichten als Fußgänger über den Freeway (die amerikanische Autobahn) zu laufen. Das hat sich vielleicht verrückt angefühlt: einen Meter links von mir Autos, rechts von mir Autos, unter mir Autos, vor mir, hinter mir ... Autos, Autos, Autos - hey, das ist Kalifornien!



Da Irvine sehr sicher ist und auch bleiben soll, gibt es natürlich keine Clubs, in denen man tanzen kann und nur wenige Bars. "Nun", würde eine bestimmte Person jetzt sicher sagen, "warum gehst du nicht nach Los Angeles - das ist doch eine richtige Stadt, in der man ne Menge unternehmen kann." Tatsächlich ist Los Angeles aber nicht großartig anders: Häusermeere mit zufällig verstreuten Kultureinrichtungen, Shopping Centern und dem Finanzzentrum in Downtown.
Dazwischen Highways.





Mein erstes Erlebnis, mein erster Eindruck in den USA war der Flughafen von Los Angeles, errichtet um ein riesiges Parkhaus. Und kein öffentlicher Nahverkehr weit und breit. Des nachts, wenn am Wochenende alle Clubs gleichzeitig um 2 Uhr schließen, formiert sich ein Phänomen, dass sich Großstadt-Deutsche wahrscheinlich kaum vorstellen können - Stau im Parkhaus, Stau auf den Straßen, Stau überall! Um 2 Uhr! In der Nacht! Gut ist übertrieben, aber es ist wirklich unsinnig, dass pünktlich um 1.50 Uhr die Musik aus und das Licht angeht, und alle Menschen zu ihren Wagen hetzen, um ja nicht in den besagten (kurzzeitigen) Stau zu kommen.

Meine Thanksgiving Gastgeber haben Orange County treffend genau so bezeichnet, wie Michael Dean schon vor mehreren Jahren die amerikanische Vorstadtlandschaft beschrieben hat - und die leibhaftige namensgebende Version dessen, befindet sich nur einen Autokatzensprung von hier entfernt in Anaheim - Michael Dean beschrieb sie als Disneyland. Orange County ist ein einziges Disneyland. Nichts ist echt. Und die Standorte, an denen sich Dinge befinden sind egal, denn es gibt ja Highways und das Internet.

Und doch ... es gibt sie, die echten amerikanischen Städte, voller Charme, und strotzend vor dem, was besagten Häusermeeren fehlt: Seele. Ihre Namen? Chicago, Seattle, New York, San Francisco (auch wenn ich in letzteren beiden nicht war, bin ich dennoch überzeugt, dass diese beiden auch zu den wahren Städten gehören, und vielleicht noch ein paar andere, ist ja schließlich ein großes Land). Ein Blick auf die Fotos sagt schon alles: statt breiten Straßen und Highways gibt es in ihren Innenstädten schmale Straßen, die eingezwängt zwischen Hochhäusern und Wolkenkratzern, auch tagsüber von Fußgängern bevölkert sind. Sie verfügen über öffentlichen Nahverkehr, der mehr als einmal die Stunde bedient wird und strahlen einen unverwechselbaren individuellen Charme aus. Während hier in Orange County alles gleich aussieht und somit austauschbar ist, ist es gleich bei der Ankunft am Hauptbahnhof Chicagos ein ganz anderes Gefühl: Menschenmassen wälzen sich jeden Morgen an dir vorbei, von den riesigen monströsen Metrolinkzügen (Foto) zu dem Finanz- und Dienstleistungszentrum der Stadt, dem Loop. Menschen auf den Straßen, Kaffee balancierend, bei Starbucks anstehend oder einfach nur vorübereilend zum nächsten wichtigen Termin.







Und das alles unter der Wachsamkeit der Hochhäuser, die von einer längst vergangen Zeit erzählen ... den 50er Jahren. Neben dieser beeindruckenden allgegenwärtigen Architektur gibt es auch viele Kulturstätten, geprägt von einzigartiger Kunst wie dem Millennium-Park (Foto). Der Chicago Blues trägt dazu bei, dass Fragmente dieser Zeit weiterleben. Nicht nur in den Blues Clubs der Stadt, sondern überall trägt diese, ste
ts mit der Geschichte Chicagos verwoben gewesene Musik zu einem besonderen Flair bei, der so in Los Angeles, oder gar Irvine nicht möglich ist. Denn Chicago ist viel viel älter und besitzt einfach eine Vergangenheit. Vielleicht fühlt es sich so in L.A. in 50 Jahren an... Mein besonderes Chicagoer Highlight wäre in L.A. aber so dennoch nicht vorstellbar: ein Geschäft mit liebevoll ausgesuchten vielen vielen Postern und typischen Andenken. Leider konnte ich keine CD finden. Zwei Stunden in diesem Laden haben sich angefühlt wie ein paar Minuten, obwohl ich absolut keine Shopping-Maus bin.

Und dennoch ... von ganz oben, 400 Meter über dem Meeresspiegel, kann man sie sehen, die Boten der Westküste, das vereinende Element aller amerikanischer Staaten: die Häusermeere der Chicagoer Vorstädte und die sie teilenden Highways, die einfach quer durch die Stadt gegraben wurden.



Eine andere Stadt, von der ich erzählen möchte, ist Seattle: Seattle durfte ich aus dem Blickwinkel lokaler Amerikaner kennenlernen. Ganz anders als Chicago, viel kleiner, und doch wunderschön. Seattle ist keine Großstadt im Sinne von vielen Einwohnern - es leben hier weniger Menschen als im Raum Köln. Dennoch könnte man dies vermuten, denn die Stadt verfügt über ein gut ausgebautes Nahverkehrssystem für das extra Tunnel unter Downtown gegraben wurden, in denen nur Busse und Lightrail (Straßenbahnen) fahren - So bin ich angekommen.



Aus dem Untergrund Stockwerk um Stockwerk nach oben gekämpft, war mein erster Eindruck der Stadt sehr verregnet. Doch das machte nichts. Ich wurde sehr lieb willkommen geheißen, durfte schnell meine Sachen abstellen, und wurde erstmal in ein Restaurant verschleppt (natürlich mit dem Auto, denn es regnete ja). Daraufhin ging es zu einem kleinen lokalen Theater zu "Sex in Seattle".



Am nächsten Tag fuhren wir mit Auto und ÖPNV zu Farmersmärkten und in die Innenstadt. Und wieder ist sie da, diese Individualität, und sogar noch viel stärker als in Chicago. Auf den Märkten bekommt man Dinge aus der Region, die man sonst nirgends bekommt ... und auch das Theater und die Bar, in der wir waren, waren individuell, einzigartig. Nicht zu vergessen das unglaublich tolle Lachs-Restaurant! Außerdem - wo sonst stehen nur mit Unterwäsche bekleidete Männer als Life-Advertising im Schaufenster eines Unterwäschegeschäftes? Vielleicht in San Francisco ...



Aber bestimmt nicht in Orange County ...

Seattle wurde im 19. Jahrhundert gegründet, benannt nach Häuptling Sealth, der den europäischen Siedlern Nahrung und Unterkunft gab - noch heute erinnern zahlreiche Materpfähle in Downtown Seattle an die Indianer-Völker der Duwamish und Suquamish. Chicago und Seattle haben erstaunliche Gemeinsamkeiten: Beide Städte wurden im 19. Jahrhundert aus Holz errichtet, und fielen noch im selben Jahrhundert großen Feuerkatastrophen zum Opfer. Beide Städte wurde später wieder aufgebaut, diesmal aus Stahl und, damit sich die Investition in die hohen Bodenpreise auch lohnt, in luftige Höhen hinaus. Beide haben ihre Musik, die von der Stadt untrennbar ist - Chicago den Blues, Seattle den Grunge (Nirvana etc.) Und zu guter letzt: beide Städte gewannen Bedeutung als Weltstädte durch die Weltausstellungen in den 60er Jahren.





Nur das
Wetter, in Chicago zwischen feuchter Hitze im Sommer und Schneestürmen im Winter schwankend, und in Seattle mild und verregnet, ist unterschiedlich. In einem Detail unterscheidet sich Seattle vermutlich von vielen anderen amerikanischen Orten: den Menschen. In Seattle sind sie wahnsinnig gebildet - sie sind weniger oberflächlich und es ist einfach ein ganz anderes Gefühl mit ihnen zu reden. Als ich über den Campus gelaufen bin, habe ich dort so viele Studenten gesehen wie noch nie auf einem Campus: sie warfen sich gegenseitig Frisbees zu.



Und die Gespräche mit meinen Freunden in Seattle waren so ehrlich, und wenig gekünstelt, und vor allem intelligent und tiefgründig. Alles hat so harmonisch gewirkt ... irgendwie anders als hier.

Und doch ... natürlich, auch Seattle hat sie, die amerikanischen Highways und Vorortsiedlungen.

Und was beide Städte natürlich nicht haben, obwohl sie am Wasser liegen, ist einen Traumstrand und immerwährenden Sonnenschein - Das kann Südkalifornien niemand nehmen und das ist auch der größte Vorteil und Grund warum hier so viele Menschen - vor allem auch erstaunlich viele Deutsche - leben.





Höchstwahrscheinlich ist es einfach meine europäische Herkunft, und der Fakt, dass ich in einer Großstadt aufgewachsen bin, was mir zu sehr in den Knochen steckt und mich Seattle und Chicago sympathischer finden lässt. Wenn ich mir vorstellen könnte irgendwo in den USA zu leben, dann dort - oder vielleicht New York oder San Francisco...

Friday, November 27, 2009

Die steinigen Wege der Forschung und der Tag der Danksagungen

Was ein Forscher nicht alles bei der Datenerhebung erleben kann. Einzigartige Menschen: Von einer esoterischen extrem freundlichen Lesbe über versnobte verwöhnte Südkalifornier bis hin zu Oststaaten-Amerikanern, die mich einfach zu ihrem Thanksgiving einladen.

Eine Woche, sieben Tage, viereinhalb Stunden jeden Tag lang habe ich Kunden eines gesundheitsorientierten Lebensmittelgeschäftes befragt woher sie kommen und warum sie ausgerechnet in diesem Laden ihre Lebensmittel einkaufen.


Der allererste Testlauf lief nicht ganz so gut: Von fünf Leuten wollte gerade einmal eine ältere Dame meine Fragen beantworten. Nach circa zwei, drei Minuten war auch schon alles vorbei. Und ich war so tierisch aufgeregt. Auch war die Testbefragung nicht genehmigt.

Allein die Erlaubnis eine Umfrage durchführen zu dürfen zu bekommen, und zwar von einem Multimillionen-Dollar Immobilienunternehmen hat mich eine Menge Nerven gekostet: Auf E-Mails hat schon mal gar keiner reagiert und bei meinem ersten Anruf wurde mir mitgeteilt, die Angerufenen seien nicht die Eigentümer und ich solle diesen anrufen. Die Dame in der Zentralvermittlung des Immobilienunternehmens teilte mir die gleiche Nummer, die ich kurz vorher schon angerufen hatte und von der ich zu der Vermittlung verwiesen wurde, wieder mit. Bei dem nächsten Anruf dort habe ich mich nicht mehr so leicht abspeisen lassen. Die Dame erzählte mir sie seien die Eigentümer des Parkplatzes und würden mir nicht erlauben dort Fotos aufzunehmen oder Befragungen durchzuführen und genauso wenig könne sie sich vorstellen, dass das Immobilienunternehmen (welches das Shopping Center besitzt) dies erlauben würde. Dennoch war sie so freundlich mir eine Telefonnummer zu geben. Zum Glück habe ich auch nach der E-Mail-Adresse gefragt, die Telefonummer war nämlich nicht die richtige wie ich später herausfand. Ich schrieb also - ziemlich hoffnungslos - eine E-Mail an die nächste Dame. Kaum zu glauben, aber sie antwortete bereits nach 40 Minuten - und das wo ich vorher mehr als eine Woche auf eine Antwort gewartet hatte! Lag wohl daran, dass sie UCI Allumni ist. Natürlich war sie nicht verantwortlich sondern das Risikomanagement der Unternehmenszentrale - natürlich! Ziemlich verzweifelt habe ich auch an den Laden selbst eine Nachricht über das Formular auf ihrer Seite geschrieben. Niemand antwortete. In einem Anruf direkt in diesem Laden bekam ich eine Absage. Auch das Management des "Gated" (mit Toren versehenen) Wohnhochhauses hat mich abgewiesen. Nach einer Woche bangen Wartens und totaler Nervosität - denn meine ganze Arbeit hing von dieser Fallstudie ab, bekam ich unverhofft eine E-Mail von der Unternehmenszentrale des Ladens. Sie würden sich gerne mit mir treffen und mein Projekt besprechen. Einen Tag später bekam ich auch die Zusage von dem Immobilienunternehmen.

Ich begann sofort am nächsten Tag mit den Befragungen und hatte auch ein erfolgreiches Gespräch mit der Kundenservice-Chefin des Ladens. Diese gab mir nicht nur die Erlaubnis, sondern versprach mir auch Coupuns als Anreiz für die Kunden. Bis dahin hatte ich Cookies (Plätzchen/Kekse) verwendet. Das fanden die Leute natürlich sehr niedlich. Auch hatte ich mein Outfit angepasst und zog statt einem Hemd ein Sweatshirt mit dem Schriftzug der Universität an. Und ich hatte mein Clipboard verbannt und gegen ein A5 Notizbuch ausgetauscht. Nach zwei Stunden hatte ich bereits zehn Befragungen durchgeführt.

Die erste wirklich interessante Person traf ich am nächsten Interview-Tag. Eine junge Frau mit Hut und einer Brille bestehend aus Reihen von Glassteinen - also ohne jegliche Funktion. Sie trug ausserdem eine weiße Hose mit roten Aufschriften. Als ich sie ansprach sagte sie, dass sie zwar anerkennt, was ich tue, dass sie sich aber einfach nur gerne hinsetzen und ihr Essen genießen würde - denn sie hatte ihren freien Tag. Nach einer erfolglosen halben Stunde dachte ich mir, ich sollte sie vielleicht doch mal ansprechen, habe ja nichts zu verlieren. Sie reagierte überraschend freundlich und meinte, wenn ich sie essen lassen würde, könnten wir einfach ein wenig plaudern, das wäre perfekt. Diese Frau, nennen wir sie Kathryn, kommt zu dem Markt mehrmals täglich und ißt dort Frühstück und Abendbrot. Sie erzählte mir, dass sie gerade ihre Ernährung umgestellt hätte - und nicht nur das, sondern ihr ganzes Leben. Wenn sie traurig ist, ist sie eben traurig, das ist in Ordnung. Kathryn kann einfach nur da sitzen und ihr Essen genießen - und ich meine GENIESSEN: sie könnte minutenlang über den Geschmack einer Avocado sprechen. Auch kennt sie Menschen die "mit Energie arbeiten" und ... sie ist lesbisch. Die Brille trägt sie übrigens damit sie die Leute in Ruhe lassen, da sie als Managerin eines Restaurants sehr viel zu tun hat und ständig irgend jemand etwas von ihr will.

Zwei Personen kehrten einfach die Befragung um und interviewten mich. Eine Dame empfohl mir ein Bildungsprogramm und gab mir ihre Telefonnummer. Ein Mann, Angestellter bei Costco - auch ein Lebensmittelgeschäft - meinte zu mir er hätte eine interessante Frage, die er jedem stellen würde: Was passiert wenn du stirbst? Ich schaute ihn entsetzt an, und er begann mir über Religion erzählen würde und dass Jesus an unserer Stelle die Strafe für die Sünden ertragen würde. Es war unglaublich ... leider musste ich meinen Bus bekommen und konnte mich nicht länger unterhalten.

Ein Chemiestudent, Doktorand in Luftverschmutzung, unterhielt sich lange mit mir. Seine Frau ist Deutsch, sie haben eine Fernbeziehung zwischen dem Mittleren Westen und Kalifornien. Er ist umweltfreundlich orientiert und beide sind Vegetarier. Ich solle mal bei seinem Büro in der Universität vorbeischauen.

Die letzte interessante Begegnung am vorletzten Tag meiner Untersuchung, war die folgenreichste für mich. Eine grauhaarige Dame war gerade dabei einen Einkaufswagen zu holen. Ich sprach sie an (es hat sich als erfolgsbringend erwiesen Leute bevor sie in den Laden gingen auf den Gutschein hinzuweisen, den sie ja dann gleich verwenden könnten). Als sie hörte, dass ich deutsch bin, sagte sie: "Ich hole meinen Mann aus dem Markt und wir beantworten dir gerne deine Fragen" (auf Englisch natürlich). Sie erzählte mir, dass ihr verstorbener Ehemann Deutscher war, und dass sie Deutschland liebt. Nach dem Kurzinterview fragt sie mich die üblichen Fragen: Wie lange bist du schon hier? Wie lange wirst du noch bleiben? Gefällt es dir hier? Nachdem ich ihr erzählte, dass ich noch drei Wochen hier sein werde, fragte sie mich was ich zu den Feiertagen mache. Und ich sagte - nicht ganz wahr - ich weiß es nicht. (Tatsächlich hatte ich geplant mein eigenes Thanksgiving unter Freunden zu organisieren.) Daraufhin lädt sie mich ein und verspricht mir, dass sie mir alles über das Fest erzählen würde. Er erwähnt, dass sie gerne kocht. Sie geben mir ihre Telefonnummer und sagen ich solle sie einen Tag vor Thanksgiving anrufen. Wirklich! Sie würden sich freuen!

Für mich ging damit ein Wunsch in Erfüllung - ein traditionelles Thanksgiving.

Allerdings hatte ich keine Ahnung was mich erwarten würde: ein Paar, dass sonstwas mit mir vorhat, mich entführen will? Eine liebenswerte Familie? Wie auch immer: no risk - no fun oder: Wer nichts riskiert, der nichts gewinnt.

Also rief ich an, und der Mann hob auch tatsächlich ab. Ich sagte ihm meine Adresse und an Thanksgiving um zwei holte er mich ab. Nicht in einem großen, neuen Auto - wie ich dachte wegen der hohen Ausgaben für Lebensmittel - nein, in einem alten weißen Mercedes. Nach ein paar Minuten sind wir da. Ich trete ein ... und bin überwältigt! Eine unglaubliche Dekoration - alles in Orange und voller künstlichem Laub. Als wenn ein Herbstwald all seine Blätter direkt in ihrer Wohnung abgeworfen hätte. Auch Engel und andere Keramikfiguren sind anwesend. Ich werde superfreundlich begrüßt und bedeutet mich hinzusetzen. Sie bieten mir Macadamianüsse und Champagner und Rocher an, die Couch ist wirklich gemütlich. Und sie reden die ganze Zeit, fragen mich aus von beiden Seiten und ich tu mein bestes zurückzufragen: Flugbegleiterin und Investmentbanker, seit 25 Jahren zusammen, keine Kinder. Sie erzählen über Thanksgiving .

Es ist der Tag an dem gedankt wird. 1621 erreichten die Pilger auf der Mayflower die Küste Amerikas. Sie hatten kaum etwas bei sich und die einzigen Menschen in Amerika, die Indianrer halfen ihnen und gaben ihnen Lebensmittel. Das ermöglichte den ersten Vorfahren der späteren US-Amerikaner (damals Neu-England) zu überleben. Dies wird heute gefeiert - ein Feiertag, den es nur in den USA gibt. Sie danken aber nicht den Indianern, sondern Gott. Die Tradition in dieser Familie ist, den Spruch auf seinem eigenen Kürbis vorzulesen und zu sagen wofür man in diesem Jahr dankbar ist.



Sie zeigen mir ihren Truthahn ("Turkey"), und wenig später wird er aus dem Garbeutel genommen und ohne zurück in den Ofen zum Bräunen gesteckt. Zwei weitere Gäste kommen an. Das Paar lädt jedes Jahr Gäste ein, die niemanden haben zu dem sie an Thanksgiving gehen können. Debbie ist eine Sängerin, Dazzy ist gerade dabei ihr eigenes Unternehmen aufzubauen. Dann endlich ist der Turkey fertig. Ich darf auch mal mit dem elektrischen Messer ein paar Scheiben abschneiden - der amerikanische Höhepunkt meines Aufenthaltes hier. Dann das großartige Abendessen, zu entnehmen von einem liebevoll mit Kerzen beleuchteten Buffet-Tisch. Da waren Süßkartoffeln, Erbsen, Blumenkohl, Rosenkohl ("Brussel Sprouts"), Stuffing (Brot, Pilze und Kräuter), Knoblauchkartoffelbrei, und natürlich Cranberries und der Turkey, und nicht zu vergessen: Gravy - die Soße. Nach dem phänomenalen Essen gehen wir kurz spazieren. ich unterhalte mich mit Dazzie - sie ist ebenfalls (natürlich!) esoterisch angehaucht und erzählte mir, dass man, wenn man nur dran glaubt, durch alles hindurch greifen kann. Auch durch die Couch (auch wenn diese, als ich sie fragte, für sie wie eine normale Couch aussah) - denn alles besteht aus Energie. Tatsächlich hat anscheinend schon mal jemand durch sie selbst hindruchgegriffen (sagt sie) ... Ich fragte sie, ob sie mir mit einem gesundheitlichen Problem helfen könnte, und sie fühlte meinen Puls und erzählte mir, was ich tun könnte. Mal schauen, obs was bringt. Ich werds ausprobieren, auch wenn ich nicht dran glaube. Aber ihre Tipps klingen vernünftig.





Zurück im Haus gibt es Dessert: drei verschiedene Sorten Cookies, Kuchen mit Vodka, Kürbisflan und Schokolade. Wir danken (Debbie singt, nachdem ich sie gefragt habe, ihren Kürbisspruch). Wir plaudern ein wenig. Sie erzählen über ihre Probleme und dass sie die Menschen in Orange County nicht leiden können, weil sie verwöhnt und unecht und oberflächlich sind. Kann ich total nachvollziehen. Allerdings haben auch sie sich ständig selbst gelobt und wenn Stories erzählt wurden übertrieben reagiert ("Neiiinnnnn!!! Wiiiirklich??? Das hat er getan?). Für mich ist dieses Verhalten einfach amerikanisch und ungewohnt. Und hier, in dieser Region mag es noch ein wenig ausgeprägter sein, als woanders in Amerika.

Sie haben mich aber sehr glücklich an diesem Tag gemacht und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Ich denke, wir bleiben in Kontakt ... und ich hatte auch heute, einen Tag später, nochmal ein wunderbares Abendessen. Wenn es auch ohne die Dekoration und Atmosphäre lange nicht so toll war!


Sunday, October 4, 2009

Oberflächlich oder freundlich?

Nach nun zwei Monaten in Amerika kann ich einiges über die Amerikaner und ihre Gewohnheiten und Einstellungen sagen. Meine erste Begegnung mit Amerikanern fand im Haus eines Freundes einer Freundin einer Studentin statt, die ich an diesem Abend zum ersten Mal gesehen hatte. In Deutschland ein Ding der Unmöglichkeit, hier Normalität: bring einfach deine Freunde mit, auch wenn es fünf sind und auch, wenn sie null mit dem Gastgeber zu tun haben ... und auch, wenn der Gastgeber eigentlich nur ein Bekannter von dir ist und du ihn vielleicht erst zum zweiten Mal in deinem Leben siehst. Außerdem sollte ich erwähnen, dass der Gastgeber in diesem Fall kein Amerikaner im eigentlichen Sinne war, sondern ein Italiener. Dies ist für Kalifornien typisch - fast alle Menschen sind gerade erst hier angekommen. Wie auch an diesem Abend. Und es war einfach, unkompliziert und toll neue Menschen aus aller Welt kennenzulernen: da war die Japanerin, die umweltfreundliche Duschmittel vertreibt und die Jahreszeiten vermisst, die Palästinenserin, die aus nachvollziehbaren Gründen nicht gerne ihre Heimat besucht, der Italiener, der gemeinsam mit einem anderen Italiener hier ein Business aufbaute und nun nach Belgien gezogen ist, und natürlich die Mexikanerin, die nicht viel über sich verrät. Obwohl manche Menschen hier geboren sind, fühlen sie sich immer noch ihrer ursprünglichen Heimat näher. Orange County ist dann die zweite Heimat. Und so verteidigen sie den Sprawl und seine Auswirkungen und erzählen, dass sie es lieben wie es ist und es soll sich doch bitte nichts verändern. Genauso waren an diesem Abend aber auch Menschen zugegen, die sich für ihre Umwelt verantwortlich fühlen. Ist es nur Zufall, dass diese nicht aus Kalifornien stammten?

Das Essen war hervorragend. Es war ja auch mediterran und somit meinem europäischen Geschmackssinn angepasst: Nudeln mit Walnussöl und Gorgonzola, Rosenkohl-Kartoffel-Salat, gebratene Auberginen und Zucchini und anislikörparfümierte Erdbeeren sind natürlich ein Genuss in der Fastfoodwüste Amerika. Der Wein erleichterte die Konversation ...

Eine übliche Unterhaltung läuft immer nach folgendem Schema ab:
1. Ich bin ..., schön dich kennenzulernen.
2. Woher kommst du?
3. Wie lange bist du schon hier?
4. Wie gefällt es dir hier?
5. Was hast du hier schon gesehen / unternommen?
6. Was machst du?
7. Du musst unbedingt noch das und das machen. Hier hast du meinen Kontakt.

Wirklich fast jede Konversation vollzieht sich nach diesem Schema! Nach einer Weile war ich die Fragen leid und konnte sie schon fast auswendig beantworten.

Auch zwischenmenschliche Begegnungen laufen schematisch ab, wie auch meinem Lieblingsreiseführer "Gebrauchsanweisung für die USA" (Adriano Sack 2008) zu entnehmen ist:

1. "I am seeing her/him" - wir haben uns mehrfach getroffen, haben vielleicht auch schon Sex gehabt. Unverbindlich und mit mehreren Menschen möglich.

2. "I am dating her/him" - wir treffen uns regelmäßig und haben Sex. Auch mit mehreren Personen gleichzeitig möglich.

3. "He is my boyfriend/She is my girlfriend": Wir sind ein Paar. Sex mit anderen ist aber nicht ausgeschlossen. Wenn ich also erzähle "I have a boyfriend", dann heißt das noch lange nicht, dass ich dem treu bin. (Berichtigung: aus zuverlässiger amerikanischer Quelle habe ich erfahren, dass das NICHT stimmt: "boyfriend" bedeutet, wir befinden uns in einer festen Beziehung, es sei denn der Zusatz "open relationship" - offene Beziehung - wird angewendet).

4. "We are in a commited relationship" - Wir sind ein Paar und sind uns treu.

Die meisten Amerikaner, denen ich bisher begegnet sind, befinden sich irgendwo zwischen der 1. und 2. Stufe. Monogame Beziehungen scheinen im Gegensatz zu Deutschland doch eher selten zu sein. Zumindest bei jungen Leuten. Auch das spiegelt vielleicht die Oberflächlichkeit, oder anders gesagt, Unabhängigkeit, wider, die die Amerikaner ausmacht.

Typisch amerikanisch ist es auch, wie ich zum ersten Mal schmerzhaft in Wien feststellen musste, Leute, die miteinander reden, einfach zu unterbrechen. Den amerikanischen Gesprächspartner kümmert das dann auch gar nicht, er plaudert einfach munter mit der anderen Person weiter. Als Deutscher Verlässlichkeit und Loyalität gewöhnt, tut das schon weh, wenn eine nette Konversation einfach unterbrochen wird. Auch habe ich manchmal den Eindruck Amerikaner hören nicht richtig zu. Da erzählt man etwas, und 5 Minuten später wird man genau nach dem gefragt, was man gerade erst erzählt hat. Umgekehrt nimmt es aber auch niemand krumm, wenn man beispielsweise bei der Vorstellung den Namen nicht richtig mitbekommen hat - oder ihn einfach vergessen hat - und noch mal nachfragt.

All dies hat auch etwas positives: nie vorher habe ich so schnell so viele Leute kennengelernt. Auch sind immer alle freundlich und dies schafft eine positive Atmosphäre: ob im Haus eines Freundes, im Supermarkt, oder am Arbeitsplatz - diese Leichtigkeit macht das Leben schöner und angenehmer. Natürlich höre ich euch schon sagen: "Aber das ist doch alles nur oberflächlich". Und tatsächlich - vieles ist oberflächlich und gespielt. Vergnügen steht an oberster Stelle. Eine Freundin von mir hat offensichtlich großes Interesse an einem Freund. Bevor sie diesen über mich kennengelernt hat, hat sie nur mäßiges Interesse und keine Initiative mir gegenüber gezeigt. Nach dem ersten Treffen mit meinem Freund, wollte sie sich sofort wieder mit uns treffen. Dass dies nur wegen meines Freundes war und mit uns gar nichts zu tun hatte, würde sie natürlich nie zugeben (dass dies so sein könnte, ist nur eine Vermutung von mir, ich möchte ja niemandem etwas unterstellen...).
Manchmal kann man es in ihren Augen ablesen: sie sagen etwas eigentlich sehr freundliches, aber ihre Augen sagen: "Nerv mich nicht!" oder "Ich bin sowieso viel besser als du und du langweilst mich". Die meiste Zeit aber sieht man ihnen das nicht an, denn natürlich, so nahe an Hollywood aufgewachsen, können sie super gut schauspielern.


Neben Schauspielerei haben sie offenbar auch das modeln von kleinauf geübt: in jeder Bar, in jedem Club und auch im Restaurant, immer wenn Freunde zusammen kommen, oder auch Leute, die sich eigentlich gar nicht kennen - also eigentlich immer - wird ein Blitzlichgewitter losgelassen, das keine Gnade kennt und jeden Winkel erfasst. Und immer wenn ein Amerikaner geknipst wird, ist sein Lächeln perfekt strahlendweiß, die Augen weit aufgerissen und die Pose perfekt. Da steht man als Deutscher etwas belämmert daneben.

Ein weiteres Vorurteil sind die mangelhaften Kenntnisse, die über Amerika hinausgehen und altertümliche Vorstellungen. Geografisch ist offenbar tatsächlich nicht viel drin, die wenigsten haben Orientierung oder eine Straßenkarte im Auto, sie schreiben sich nur auf: links auf die Straße, rechts auf die, rechts auf die usw. Dann kommen solche Kommentare wie "Berlin? Kenn ich nicht, ich kenn nur Dresden", "Bist du aus München? Ich habe einen Freund, der dort wohnt"., "Ist der Dialekt in Ost- und Westdeutschland unterschiedlich?" Im betrunkenen Zustand dann auch schon mal "Bist du ein Nazi? Würdest du Juden etwas zuleide tun?". Aber es gibt auch andere Erfahrungen: Eine Amerikanerin meinte zu mir: "Ich bin im Militärstutzpunkt aufgewachsen, meine Eltern sind immer noch dort. Meine Mutter liebt Deutschland!". Die meisten Bemerkungen über Deutschland sind aber eher merkwürdig und ebenfalls oberflächlich wie das gesamte Gespräch. Wobei mit "oberflächlich" nicht unbedingt die Tiefe der Thematik gemeint ist, sondern vielmehr das wirkliche und das gespielte Interesse an einer Person. Ich wurde durchaus gefragt, ob ich meinen Freund vermisse - die Reaktion auf meine Antwort war ein perfekt einstudiertes und auf die Sekunde gleichzeitig begonnenes "ooahhh". Ein anderes Mal unterhielt ich mich im Auto mit einer Amerikanerin und erzählte ihr sehr persönliche Sachen, als sie plötzlich vom Beifahrer unterbrochen wird und munter mit dem weiter redet - da fühlt man sich einfach nicht ernst genommen. Das beste Beispiel ist und bleibt natürlich das obligatorische "How are you?" - "Wie geht es dir?", das jedes Service-Personal fragt. Eh ich meine Antwort in Gedanken formuliert habe, bin ich aber schon vorbei gelaufen - und das kümmert auch gar keinen. Dennoch, manchmal, wenn jemand antwortet "ok", und ich frage nach, was denn los sei, bekomme ich auch eine Antwort oder werde gefragt. Aber das trifft eher auf gute Freunde zu.

Amerikaner benehmen sich also oberflächlich, die Gespräche mit ihnen beruhen eher auf Smalltalk und überhaupt zählt hier in Kalifornien am meisten das Vergnügen und der Materialismus - Und doch: die positive Atmosphäre sticht die Oberflächlichkeit bei weitem aus: Hier scheint einfach immer die Sonne, und so sind auch die Menschen. Und das macht das Leben wirklich fröhlich, einfach und lebenswert.

Und dann sind da auch die Ausnahmen, die Menschen, die wirklich ihr ehrliches und wahrhaftes Ich zeigen und die ich sofort in mein Herz schließe und von denen ich auch nicht enttäuscht werde.

Wednesday, September 2, 2009

Strände und Parks

Orientierung?

Inzwischen sind bereits 14 Tage vergangen, ich hab meinen Papierkram ("Paperwork") erledigt und warte nur noch auf meine ID. Chongho, der Koreaner ist als erster von den anderen Austauschstudenten angekommen. Das erste Mal, als wir uns getroffen haben, sind wir gemeinsam Joggen ("running") gegangen. Dies taten wir in einem Park, den ich vorher auf Google Maps ausgemacht hatte. Ohne Online-Kartendienst wäre ich hier auch wirklich aufgeschmissen, da es so gut wie nirgends eine Karte gibt. Genau dies sollte mir auch einige Tage später fast zum Verhängnis werden als ich mich zwischen den Häusermeeren verirrte.

Der genannte Park ist tatsächlich einer der schönsten Orte im ansonsten doch recht trostlosen Irvine. Er wurde benannt nach William R. Mason, einem der Begründer der Stadt Irvine. Irvine, im 19. Jahrhundert eine riesige Schafweide und später Obstplantage, wurde mit einem Masterplan seit 1959 zu einer Universitätsstadt entwickelt. William Mason saß in der Kommission der Planungsorganisation Irvines und war im Vorstand der Irvine Company. Heute ist Irvine eine der arbeitsplatzreichsten Städte der USA und begehrter Wohnort.

Wie Irvine steht auch Riverside City vor dem großen Problem in den nächsten Jahren mehr und mehr Leute unterbringen zu müssen. 75.000 Menschen wollen dorthin, aber die Stadt ist schon komplett zugebaut. Was also tun? Klar, in die Höhe bauen. Und genauso in Irvine. Die Zukunft sind die "Highrises" und sie werden nachgefragt, auch inmitten des "Sprawls".

Im Gegensatz zu Irvine hat Riverside allerdings auch eine Vergangenheit. Sie wurde bereits 1870 gegründet. Es gibt viele alte und schöne Gebäude dort, das sehenswerteste ist vermutlich das Mission Inn, ein altes Hotel, welches den frühen Missionen nachempfunden wurde. Und zumindest kann man hier endlich mal etwas von der Umgebung sehen. Irvine fühle ich mich wie gefangen zwischen Hügeln auf denen unendliche Reihen von Häusern stehen, und Straßen. In Riverside dagegen stehen riesige Palmen und auch die nahen Berge sind gut zu sehen.

Zurück zum Park: dieser ist zum Joggen ("running") sehr gut geeignet. Es gibt dort einen hübschen See und viele viele sehr große Enten und andere Vögel. Es ist wirklich großartig dort ein paar Stunden zu verbringen. Man kann blaue Vögel und gelbe Schmetterlinge sehen, zuschauen wie die Sonne untergeht und sich der Himmel langsam verfärbt oder wie dicke Amerikaner unerlaubterweise die Vögel füttern die aus allen Richtungen auf sie zuströmen.

Auf der anderen Seite der Straße geht der Park weiter. Aber nicht mehr grün und gepflegt, sondern wild. Tatsächlich ist vermutlich jeder Nicht-Einheimische ein bisschen geschockt, wenn er die Achtung!-Schilder, die vor Klapperschlangen und Berglöwen warnen, sieht. Im Schatten ging ich auch ein wenig schneller, weil ich dachte, wenn hier ein Vieh auftauchen könnte, dann dort. Außerdem gibt es kaum Wege heraus. Man läuft auf einem asphaltierten Weg und links und rechts befindet sich nichts als braunes Gestrüpp und Bäume. Bei jedem Schritt raschelt etwas. Im Dunkeln sollte man diesen Park wohl eher meiden.

Nachdem ich ewig der Verfärbung des Himmels zugeschaut hatte, erlebte ich Irvine zum zweiten Mal bei Nacht. Aber diesmal ohne Begleitung. Ich wollte von der Ostseite des Parks zurück zum Apartmentkomplex ("Court") laufen, vergaß aber, dass ich schon sehr weit östlich war. Ich hörte etwas klappern und ignorierte es zunächst, bis ich bemerkt, dass meine Geldkarte fehlte! Dann kreuzte ich eine Straße, von der ich dachte "die kann es nicht sein, die hat nur auf einer Seite einen Fußweg". Also ging ich weiter nach Süden, passierte einen Kommunikationsdienstleister, der wohl gerade irgendwas an den Kabeln verrichtete, und gelangte, nach langem Laufen zur nächsten Kreuzung. Alles sah gleich aus: überall sind Häuser, und dazwischen einige Straßen, sodass man sich wirklich leicht verlaufen kann. Zum Glück fiel mir dann aber ein, wie ich zurück gelangen kann. Ein Suburb bei Nacht ist wirklich beängstigend beliebig.


Wochenendausflugsziel Los Angeles - Strand

Nun das trifft es natürlich nicht ganz, denn Heringsdorf ist klein. Santa Monica dagegen und vor allem die Stadt Los Angeles, zu der Santa Monica gehört, wesentlich größer. Und auch die schönen Villen direkt am Strand fehlen. Dafür gibt es einen unglaublich schönen Strand, an dem sich tagsüber eine Menge Leute sonnen oder baden. Es ist der beühmteste Strand hier und laut einer Freundin der beste Ort um Besuchern Kalifornien at its best zu zeigen. Denn der Strand hat alles, was man von Kalifornien erwartet: Palmen, den Pazifik, Sonnenuntergänge, natürlich Autos und viele viele unterschiedliche Menschen sowie einen Rummel. Scharen von Kindern haben im Wasser ihren Spaß. Alles in allem ein wirklich schöner Ort zum Relaxen und mit Freunden oder der Familie eine schöne Zeit zu verbringen.

In der Nähe des Strandes gibt es eine Promenade, wo man verschiedenen Entertainment-Künstlern zuschauen kann. Sie versuchen Aufmerksamkeit zu erregen, um vielleicht eines Tages nach Hollywood zu kommen. Einige waren wirklich lustig und unterhaltsam ... deutsche Breakdancer.

Wenn dann die Sonne untergeht, entsteht eine ganz besondere Atmosphäre und es ist toll, all diese Leute in einer so großartigen, gefesselten Stimmung zu erleben ... und dieses Spektakel dauert dann auch noch mindestens eine halbe Stunde. Viele Leute laufen auf dem Pier entlang um dem Meer näher zu sein.


Surfstadt

Auch in Huntington Beach ist der Sonnenuntergang unglaublich. Hier hatte ich meine erste Berührung mit dem Wasser des Pazifiks an seiner Westseite. Zehntausende Kilometer entfernt hatte ich ihn auch schon berührt, in Asien. Aber hier ist es ganz anders. Das Wasser ist kühl, erfrischend, wegen der kalten Meeresströmung entlang der Westküste. Zunächst dachte ich "das riecht aber nicht gut". Tatsächlich ist das aber wohl nur das Salz.

Wirklich unglaublich für mich sind die riesigen Wellen. Es macht so viel Spaß sich in sie hineinzulegen und von ihnen treiben zu lassen oder sich von ihnen überspülen zu lassen. Da spürt man, dass man lebt. Aber sie flößen einem auch Respekt ein, wenn man mehrere Sekunden nicht mehr auftaucht.

Tatsächlich sind sie in Huntington Beach am Abend so hoch, dass die Surfer kommen und einer der beiden Surfstädte der USA ihren Titel geben. Auch Huntington Beach hat einen Pier von dem aus man den Surfer direkt von oben zu schauen kann. Nahe dem Pier befinden sich ein paar Straßen mit vielen Restaurants und Geschäften, sie sehen ein bisschen aus wie europäische Straßen...

Friday, August 21, 2009

Konsum, -Wahn und Erlebnis Bus

Car Nation?

Um mir die Wartezeit auf die E-Mail von der Uni zu verkürzen beschließe ich mir ein Headset zu kaufen um heimtelefonieren zu können. Außerdem brauche ich dringendst ein Handtuch, da

mein mitgebrachtes zu klein ist. Und wo bekommt man sowas? Zumindest nicht in den nahe gelegenen Supermärkten. Ein Amerikaner würde sich jetzt sein Auto schnappen und 5 Minuten bis zum nächsten Einkaufszentrum fahren. Als autophober Mensch bleibt mir dagegen nichts anderes übrig als mit dem Bus zu fahren (riding the bus). Zumindest geht die Linie direkt bis zu Target (Großflächen-Discounter) und ich brauche nicht umzusteigen. Die orange-blauen Busse sind echte Hingucker. Sehen fast aus wie Trucks. Der Bus kommt tatsächlich auch pünktlich, wenn auch recht unregelmäßig über den Tag verteilt, aber das kann man ja zum Glück im Internet nachschauen (nicht jedoch an den Stationen). Bus-Stationen werden nur an Umsteigestationen ausgerufen. Zunächst verstehe ich von den automatischen Ansagen nichts und auch die elektronische Anzeige zeigt 90% der Zeit nur die Uhrzeit an.

Nach und nach beginne ich aber das System zu verstehen. Bus-Stopps sind grundsätzlich mit zwei Namen bezeichnet, die eine Straßenkreuzung beschreiben. Überraschenderweise ist der Bus nicht mal leer, es fahren noch andere mit. Auf der Rückfahrt vom Shopping Center traue ich meinen Augen kaum, als ein relaxter Mann in Professoren-Alter etwas unverständliches vor sich hinbrummelt und vor den Bus läuft. Er fuhrwerkt da etwas herum, dann sehe ich, dass er sein Fahrrad von der Busspitze abgenommen hat. Ja, die Busse hier haben gegenüber deutschen den Vorteil, dass man ein Fahrrad mitnehmen kann. Das wird dann vor das Führerhaus geschnallt ... dafür gibt es aber keine adäquaten Schienenverkehrsmittel.


Konsumieren, konsumieren, konsumieren

Einkaufszentren befinden sich hier an fast jeder Ecke zwischen zwei Straßen. Auf der Karte gut als Unregelmäßigkeiten zwischen den Dichten monotonen Wohnsiedlungen zu erkennen. In "The Crossroads" hoffe ich ein Headset zu finden und Handtücher. Dass es ein Headset gibt, habe ich gestern bei der Handysuche schon gesehen. Und auchHandtücher finden sich.

Daneben noch eine Apotheke, Geschirr, Staubsauger, Spielzeug, Möbel, Fernseher ... ein Discount-Warenhaus eben, nur dass es keine Lebensmittel gibt (nur trockene). So niedrig sind die Preise für meinen Geschmack aber tatsächlich gar nicht. Ich kaufe mir auch noch ein wenig Kleidung und mache mich auf den Rückweg.

Back home, stelle ich fest, dass das Headset nicht richtig funktioniert. Harshid kommt und wir gehen zusammen zu Taco Bell / Kentucky Fried Chicken. Er erklärt mir, dass beide zum Pepsi-Konzern gehören und daher auch zusammen eine Filiale haben können. Ich bestelle mir Cheesy Potatoes. Und, hey, endlich bestätigt sich die Vermutung meines Bruders, bei solchem Essen werde ich sicher zunehmen: 50% Kartoffeln, 50% Käse und Sauerrahm. Auch wenn ich Fett mag, aber das war selbst mir zuviel. Harshid möchte gerne sehr freundlich sein (er verdient immerhin auch gut) und lädt mich zu einem Beefy Cheese Burrito (oder so ähnlich) ein. Schmeckt nicht unbedingt schlecht, aber mehr hätte ich davon nicht essen können. Ist auch nix gesundes drin oder dran. "Dafür ist es billig" erklärt mir Harshid. Wir gehen nochmal zu Albertson's denn er will sich noch etwas für Freitag kaufen. Und da sind auch noch eine Menge andere konsumfreudige Menschen, selbst um 10 pm (22 Uhr). Mit steinernem Magen gehts ins Bett ... Harshid macht sich doch tatsächlich noch einen weiteren Wrap...


Daniels Prophezeiungen

Heute musste ich nach Mission Viejo um meine Sozialversicherungsnummer zu beantragen. Ich fahre also wieder mit dem Bus. An einer Ecke des Business-Komplexes muss ich umsteigen. Hier glänzen die Bürotürme von Banken und anderen Unternehmen nur so. Irgendwann kommt dann auch endlich der Anschlussbus, der mich nun innerhalb von 40 Minuten zwei Orte weiter tragen würde. Ich passiere Hochglanzgebäude von Canon, Daimler-Benz, myprint und vielen anderen, deren Namen ich nicht mal kannte, kann endlich einen Blick auf das Irvine Spectrum (das größte Shopping Center in Irvine) werfen und stelle mit Freude fest, dass es doch eine Busverbindung zu Irvines Eisenbahnstation gibt.

Mitten im Nirgendwo (siehe Bild) angekommen, suche ich nach der Nummer 26051. Zum Glück habe ich mir die Karte vorher gut angeschaut, sonst hätte ich mich hier nie zurecht gefunden. In der Social Security Administration wird mir wieder einmal bewusst, dass Deutschland nicht das einzige bürokratische Land der Erde ist. Mindestens 50 Menschen sitzen dort und warten auf ihren Aufruf. Denn man muss eine Nummer ziehen, die dann aufgerufen wird. Erstaunlich finde ich vor allem die Größe des Offices im Vergleich zur Größe des Gebäudes. Entsprechend schleicht die Zeit dahin und statt A10 (meine Nummer war A17) wird B 99, B 100, B 101 und so weiter aufgerufen. Wie gut, dass ich mir was zu lesen mitgebracht hatte. Plötzlich geht alles ganz schnell und ich finde mich mit Antragsbestätigung an der Bushaltestelle wieder.

Nach einiger Wartezeit kommt eine dunkelhäutige, kurzhaarige, sehr taff aussehende Latina vorbei und meint der Bus kommt erst in einer Stunde. Ich bedeute ihr, dass gleich einer kommen müsste, nämlich um 25 und sie stimmt zu. Wir beginnen zu reden. Ich frage sie, was sie hier macht. Sie sagt mir in einem arroganten Tonfall "Ich wohne hier, ts, ts, ts", so nach dem Motto, wie kann man sowas nur fragen. Sie fragt mich woher ich komme. Nachdem ich erklärt habe, was ich hier mache, macht sie erneut ein sehr geringschätziges Geräusch. Über die Frage wie ich es hier finde teilt sie mir mit, dass dies kein sicherer Ort sei, sicherer als anderswo, aber dennoch finde viel Gewalt im Verborgenen statt. Und "ihr Weißen" würden dazu mehr beitragen als "ihr" vorgebt. Ich höre zu. Sie erklärt mir, dass alles immer schlimmer wird. Auf meinen Einwand die Wirtschaft würde sich doch gerade wieder verbessern und das schlimmste sei mit Sicherheit überstanden reagiert sie nur mit einem abfälligen Blick und meint "Es sieht nur so aus, als ob alles besser wird. Aber bevor es besser werden kann, wird es erst noch einmal richtig schlimm." Aber das sei "ja sowieso egal, alles ist so wie es sein soll. Es muss erst alles zerstört werden, bevor Messias auf die Erde kommen kann." Und sie beginnt eine Lobrede auf Gott ... Ich höre weiter zu, beschließe meine Meinung dazu lieber nicht mitzuteilen. Plötzlich beginnt die Frau fürchterlich zu husten und ich fürchte schon, dass sie die Schweinegrippe hat. Sie holt ein abgegriffen aussehendes Buch (Daniel's Prophecies) aus ihrer Handtasche (die im übrigen die Hälfte meines Sitzes einnimmt) und beginnt daraus vorzulesen. Angeblich gab es vier große Regierungen: die Babylonier, die Mesopotamier, die Römer und jetzt die Amerikaner. Irgendwie sind wir alle voneinander abhängig (da kann ich ihr mal zustimmen). Wenn Amerika nicht mehr ist, dann ist nichts mehr und dann kommt der Messias, weil der erst kommt wenn es keine Regierung mehr gibt. (Zumindest habe ich das so verstanden) Sie fragt mich, ob ich das Buch haben möchte. Ich verneine mit dem Hinweis darauf, dass ich den Titel im Kopf behalten werde und dass man das doch auch sicher irgendwo bestellen kann. Ihre Reaktion ist unwirsch: sie hätte dazu Jahre gebraucht bis sie das Buch von ihrer Mission erhalten hat. Auf meinen Einwand mit dem Publikationsdatum in dem Buch reagiert sie gar nicht erst. Dann geht sie nach vorne die Busfahrerin beschwatzen. Da ist meine Missionierung wohl gescheitert ... ich bin froh drüber und steige aus dem Bus aus um mein Headset umzutauschen - wenn den Amerikanern eines mit Sicherheit heilig ist, dann das Shopping und damit kann zum Glück auch ich was anfangen.

Thursday, August 20, 2009

Ungemütlich wohnen und entspannt studieren

Der Campus

Nach einer unruhigen Nacht führte mich Alfred auf dem Campus herum und zu den nächstgelegenen Shopping Centern. Schließlich brauchte ich noch ein Telefon und musste wissen wo ich Lebensmittel bekommen kann.

Alfred zeigte mir zunächst das University Center, direkt neben seinem Court (Wohnkomplex), wo man zum Friseur gehen und Lebensmittel kaufen sowie Joghurt essen kann. Danach das Study Center, mit Gelegenheiten zum Geld abheben. Dort wollte ich Geld abheben um die Miete zu bezahlen. und wieder war die PIN falsch. Diesmal aber wirklich, denn ich hatte ja nicht meine Kreditkarte, sondern meine EC-Karte verwendet. Danach gingen wir zum Social Ecology Gebäude, also dorthin, wo meine Fakultät angesiedelt ist.

Das war das erste Mal in meinem Leben, das ich einen Campus gesehen habe. Als ich später nochmal alleine herumging und mit Hilfe des Plans, bemerkte ich das erste Mal diese krasse Verkehrstrennung Auto/Fußgänger die für den amerikanischen Sprawl (ausufernde Siedlungsstruktur) so typisch ist. Aber dazu morgen mehr. Der Campus ist auf jeden Fall sehr großzügig gestaltet, mit vielen wunderschönen großen Bäumen und exotischen Pflanzen. In der Mitte befindet sich ein hügeliger Park, in dem wie mir Alfred versicherte, schon häufig Studenten auf den Banken eingeschlafen sind. Er selbst auch.


















Die treue Seele

Janet Gallagher, Koordinatorin des Instituts, schien sehr erfreut mich zu sehen. Bei ihr wirkte es nur viel aufrichtiger als bei den anderen Amerikanern bisher. Sie war tatsächlich noch mehr verwirrt als ich. Erst stürzte ihr Computer ab, dann fiel ihr nicht mehr ein, welche Formalitäten zu erledigen sind. "Weil ich das nur einmal im Jahr mache, weißt du?" war ihre Begründung. Als sie mir erzählt, dass sie den Bus nutzt um zur Arbeit zu fahren, obwohl sie ein Auto hat, und dass sie nur zum Spaß mit dem Bus auch zum Strand fährt, fällt mir ein riesen Stein vom Herzen. Noch mehr Steine fallen nachdem sie mir erklärt hat, dass ich mit dem Bus auch zu den Einkaufsstätten gelangen kann.
Janet ist wirklich großartig und lieb, sie gibt mir ihre Handynummer und falls ich in Schwierigkeiten bin oder mich in komische Gegenden verlaufen haben sollte, soll ich sie nur anrufen und "I will popp up with my car and pick you up". Wie lieb!


Ernüchterung

Die macht sich nicht nur bezüglich des gesamten Landes breit - von wegen und Land der unbegrenzten Möglichkeiten - eher ein Land der Maßlosigkeit und großer Zerissenheit, sondern auch bezüglich der Wohnung: Möbel? Pah, eine Matratze und ein Tisch tun es auch. Besteck braucht man ja sowieso nicht. Einen Teller - wozu? Naja, und Töpfe ... wenn man schon keinen Teller hat. Ok, einen Topf gibt es und Harshid borgt mir auch seinen Löffel. Nudeln mit Tomatensoße ist also schon mal drin. Leider verstehen die Bewohner dieser Wohnung offensichtlich auch nicht allzu viel von Sauberkeit - ich hoffe, ich muss das am Ende nicht alleine sauber machen, bin schließlich der, der als letztes auszieht (aus elternschutzrechtlichen Gründen gibt es hierzu keine Bilder).

Ok, genug gemeckert. Ich mache mich auf den Weg zu Albertson's Nudeln und Soße kaufen ... meine erste Mahlzeit nach den Burgern von In N Out Burger, die Alfred mir freundlicherweise spendiert hatte. Soll hier DER Renner sein, ist aber auch nichts anderes als Burger King. Na, vielleicht stellen Amerikaner da eher Unterschiede fest, da ihre Hauptspeise nun mal Burger sind. Wir Europäer sind dafür vermutlich nicht sensibilisiert.


Alles ist groß

Albertson's ist ein Supermarkt, der seinem Namen alle Ehre macht. Noch nie habe ich so riesige Zwiebeln gesehen.


Aber auch die Wasserflaschen und Saftbehälter und Milchkanister (kann man nicht mehr als Flasche bezeichnen) sind einfach nur groß. Die Maßeinheiten sind hier für Europäer nicht nachvollziehbar ungerade, zumindest in litern ausgedrückt. 1 Gallon entspricht etwa 3,79 Liter. Sowohl Milch also auch Wasser und Saft wird hauptsächlich in solchen Größen oder als halbe Gallon verkauft. Toll war dann der Einpackservice. Ich hätte es kaum geschafft so schnell alles wegzupacken, in Europa empfinde ich das an der Kasse immer als sehr stressig, hier ist es wirklich Komfort.


Und auch die Straßen sind groß. So breit, dass in Europa zwei Autos nebeneinander auf eine Spur passen würden, obwohl nur selten Autos vorbeifahren. Genauso groß sind auch die Entfernungen. Am Campus kann man Wege noch zu Fuß zurücklegen. Weiter weg werden die Wege immer länger und die Kreuzungen immer größer.

Und schließlich sind natürlich die Kühlschränke und Herde groß und folglich auch die Menschen - nicht groß, aber breit, naja, nicht alle...

Wenn Amerikaner eines nicht tun, dann ist es Zeit verschwenden. Sie sind effektiv. Das habe ich gestern gemerkt, als ich beim Friseur war. Keine große lange Beratung, nur gefragt, was wollen sie denn und los gings. Hat wohl nicht mal 30 Minuten gedauert. Ich bin dennoch ganz zufrieden, auch wenn der Preis dafür unverschämt ist...

Morgen mehr zum Einkaufen und vom öffentlichen Nahverkehr...